Stoa und Christentum

on Anfang an
problematisch ist das Verhältnis von Stoikern und
Christen. Diese verstehen sich als Glaubens- und
Offenbarungsgemeinschaft, jene als Hüter der
Vernunft. Auf den ersten Blick haben sie wenig gemeinsam. Und
die Stoiker, so ist es in der Apostelgeschichte
nachzulesen (APG 17, 16-34) machen es der neuen Religion schwer,
Fuß zu fassen. Besonders die Orientierung auf das Leben im
Jenseits ist für die Stoiker nicht
vernunftgemäß:
Während aber
Paulus sie in Athen erwartete, wurde sein Geist in ihm erregt, da er
die Stadt voll von Götzenbildern sah. Er
unterredete sich nun in der Synagoge mit den Juden und mit den
Anbetern, und auf dem Markte an jedem Tage mit denen, welche gerade
herzukamen. Aber auch etliche der epikuräischen
und stoischen Philosophen griffen ihn an; und etliche sagten: Was will
doch dieser Schwätzer sagen? andere aber: Er scheint ein
Verkündiger fremder Götter zu sein, weil er das
Evangelium von Jesu und der Auferstehung verkündigte. Und
sie ergriffen ihn, führten ihn zum Areopag und sagten:
Können wir erfahren, was diese neue Lehre ist, von welcher du
redest? Denn du bringst etwas Fremdes vor unsere Ohren.
Wir möchten nun wissen, was das sein mag. Alle
Athener aber und die Fremden, die sich da aufhielten, brachten ihre
Zeit mit nichts anderem zu, als etwas Neues zu sagen und zu
hören.

aulus aber stand mitten
auf dem Areopag und sprach: Männer von Athen, ich sehe,
daß ihr in jeder Beziehung den Göttern sehr ergeben
seid. Denn als ich umherging und die Gegenstände
eurer Verehrung betrachtete, fand ich auch einen Altar, an welchem die
Aufschrift war: Dem unbekannten Gott. Den ihr nun, ohne ihn zu kennen,
verehret, diesen verkündige ich euch.
Der Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darinnen
ist, dieser, indem er der Herr des Himmels und der Erde ist, wohnt
nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind, noch wird er
von Menschenhänden bedient, als wenn er noch etwas
bedürfe, da er selbst allen Leben und Odem und alles
gibt. Und er hat aus einem Blute jede Nation der Menschen
gemacht,
um auf dem
ganzen Erdboden zu wohnen, indem er verordnete Zeiten und die Grenzen
ihrer Wohnung bestimmt hat, daß sie Gott suchen, ob
sie
ihn wohl tastend fühlen und finden möchten, obgleich
er nicht fern ist von einem jeden von uns. Denn in ihm leben und
weben und sind wir, wie auch etliche eurer Dichter gesagt haben: "Denn
wir sind auch sein Geschlecht". Da wir nun Gottes
Geschlecht sind, so sollen wir nicht meinen, daß das
Göttliche dem Golde oder Silber oder Stein, einem Gebilde der
Kunst und der Erfindung des Menschen, gleich sei.

achdem nun Gott die
Zeiten der Unwissenheit übersehen hat, gebietet er jetzt den
Menschen, daß sie alle allenthalben Buße tun
sollen, weil er einen Tag gesetzt hat, an welchem er den Erdkreis
richten wird in Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt
hat, und hat allen den Beweis davon gegeben, indem er ihn auferweckt
hat aus den Toten.
Als sie aber von Totenauferstehung hörten,
spotteten die einen, die anderen aber sprachen: Wir wollen dich
darüber auch nochmals hören. Also
ging
Paulus aus ihrer Mitte hinweg. Etliche Männer
aber schlossen sich ihm an und glaubten, unter welchen auch Dionysius
war, der Areopagit, und ein Weib, mit Namen Damaris, und andere mit
ihnen.
Von den strafenden Göttern zum lieben Gott
Trotz dieser laut Apostelgeschichte eher problematischen Erstbegegnung
zwischen Stoa und
Christentum gibt es auch Berührungspunkte. Die Stoiker sind
die
ersten
Philosophen in
Griechenland
und
Rom,
die den Menschen die Furcht vor
den Göttern nehmen. Nach der Lehre Stoa leben die
Götter in einem "Paralleluniversum". Sie kümmern sich
nicht um die Menschen, daher braucht sich niemand vor dem Zorn der
Olympier zu fürchten. Die Christen sind es, die die
"abwesenden Götter" durch einen liebenden Gott ersetzen.
Das Leben nach der Natur

er die Natur im Sinne
der griechischen Philosophie mit der "Umwelt" im
heutigen Sinne gleichsetzt, greift sicher zu kurz. Aber dennoch ist es
nicht von der Hand zu weisen, dass die Stoa die Schönheit und
Fülle der Pflanzen und Tiere mehr schätzten als
andere Schulen. Aristoteles katalogisiert die Tierwelt, die
Stoiker nehmen zu Tieren und Pflanzen eine verbindende Haltung ein. Die
Epikureer hab nicht ohne Grund einen Garten als Schulgelände
gewählt.
Hier spinnt sich ein feiner Faden zum Christentum, er führt
über den Garten Eden bis zum christlichen Ideal der Bewahrung
der Schöpfung. Die stärkste Verbindung gehen Stoa und
Christentum im Bereich der Ethik ein. Die Bescheidenheit und die
Relativierung von Gesundheit, Erfolg und Ruhm, wie sie in der
Bergpredigt dargelegt ist, sie könnte ebenso aus der Feder
eines
Epikur,
Epiktet
oder
Seneca
stammen.
Die Umwelt- und Friedensbewegung der 80er Jahre

Konsumkritik, Friedenbewegung und der neue
spirituelle Aufbruch der 80er Jahre
Im Jahre 1980 wird Franz von Assisi
durch Papst Johannes
Paul II. zum Patron der Umweltschützer ernannt. Das
Lebensgefühl, wie es in den 80er Jahren von Christen
und Naturschützern zelebriert wird, es
trägt Elemente von christlichem Aufbruch
und stoischer Genügsamkeit gleichermaßen. Der Ruf
nach Konsumverzicht und naturgemäßem
Leben einigt
die verschiedenen Gruppierungen der Zeit vor und nach der
Reaktorkatastrophe von Tschernobyl.
Franz von Assisi
Als "Mittelsperson"
zwischen Stoa und Christentum kann Franz von Assisi angeshen werden.
Wie einst die Philosophinnen und Philosophen im
Garten
des Epikur verbindet
er die Ideale von Natur, Freundschaft und Genügsamkeit.
Sonnengesang des Franz von Assisi
gehört zu den musikalischen Bindegliedern jener so schnell
wieder
Geschichte gewordenen Epoche der alternativen
Bewegungen.
Der Sonnengesang des
Franz von
Assisi

u
höchster, mächtigster, guter Herr,
Dir sind die Lieder des Lobes, Ruhm und Ehre und jeglicher Dank geweiht;
Dir nur gebühren sie, Höchster,
und keiner der Menschen ist würdig, Dich nur zu nennen.
Gelobt seist Du, Herr,
mit allen Wesen, die Du geschaffen,
der edlen Herrin vor allem, Bruder Sonne,
die uns den Tag heraufführt und Licht mit ihren Strahlen,
die Schöne, spendet; gar prächtig in
mächtigem Glanze:
Dein Gleichnis ist sie, Erhabener.
Gelobt seist Du, Herr, durch Schwester Mond und die Sterne.
Durch Dich sie funkeln am Himmelsbogen und leuchten köstlich
und schön.
Gelobt seist Du, Herr, durch Bruder Wind und Luft
und Wolke und Wetter, die sanft oder streng,
nach Deinem Willen, die Wesen leiten, die durch Dich sind.
Gelobt seist
Du, Herr, durch Schwester Quelle:
Wie ist sie nütze in ihrer Demut, wie köstlich und
keusch!
Gelobt seist Du, Herr, durch Bruder Feuer,
durch den Du zur Nacht uns leuchtest.
Schön und freundlich ist er am wohligen Herde,
mächtig als lodernden Brand.
Gelobt seist Du, Herr, durch unsere Schwester, die Mutter Erde,
die gütig und stark uns trägt
und mancherlei Frucht uns bietet mit farbigen Blumen und Matte.
Gelobt seist Du, Herr, durch die, so vergeben um Deiner Liebe willen
Pein und Trübsal geduldig tragen.
Selig, die's überwinden im Frieden:
Du, Höchster, wirst sie belohnen.
Gelobt seist Du, Herr, durch unsern Bruder, den leiblichen Tod;
ihm kann kein lebender Mensch entrinnen.
Wehe denen, die sterben in schweren Sünden!
Selig, die er in Deinem heiligsten Willen findet!
Denn Sie versehrt nicht der zweite Tod.

obet und
preiset den Herrn!
Danket und dient Ihm in großer Demut!