Das Altgriechische, wie es heute an den Schulen und Universitäten gelehrt wird, orientiert sich an den Schriften der Blütezeit Athens rund um das 5. vorchristliche Jahrhundert. Dieser Kurs ist in kleinen Schritten aufgebaut und verlangt keinerlei Vorkenntnisse. Er führt vom griechischen Alphabet bis zu den Philosophen Heraklit und Diogenes. Er ist ebenso ein Schnupperkurs für Neugierige wie eine Vorbereitung zum Präsenzkurs an der Schule oder Universität zum Erwerb des Graecums. Der Kurs ist in zwei Abschnitte aufgeteilt.
- Altgriechisch Grundkurs: Lektionen 1 bis 6
- Altgriechisch Aufbaukurs: Lektionen 7 bis 12
Altgriechisch Lektion 1: Der Kosmsos
Die griechischen Buchstaben Kappa, Omega, Sigma und My (sprich „Mü“) werden im Deutschen wie K , O , S und M ausgesprochen. Auch das Wort als Ganzes ist uns gut vertraut: KOSMOS.
Übersetzung: KOSMOS
Kosmos repräsentiert im Altgriechischen ein breites Spektrum. Je nach Kontext kann er Welt, Weltall, Ordnung oder Schmuck bedeuten (vgl. hierzu im Deutschen das Wort „Kosmetik“). In einem politischen Text wäre möglicherweise der Begriff Staatsordnung treffend. Anders als beispielsweise Latein verlangt das Griechische eine sorgsame Interpretation, damit die Schärfe der Aussage bei der Übersetzung nicht verloren geht.
Hintergrundwissen Lektion 1: Die Entwicklung der griechischen Sprache
Athen hatte zu seiner Blütezeit eine kulturelle und politische Vormachtstellung, und die griechische Sprache wurde zur „Koine“ (koinos = gemeinsam), zur überregionalen Sprache im östlichen Mittelmeerraum. Dieses Gebiet wurde durch die Eroberungen Alexanders des Großen noch erweitert. Auch das Neue Testament wurde in Griechisch verfasst.
Nach der Teilung Roms im Jahre 395 n. Chr. wurde Griechisch zur Amtssprache des byzantinischen Reiches. Eine Zäsur stellt das Jahr 1453 dar, als Konstantinopel an die Osmanen fiel. Die Sprache existierte fortan in Klöstern oder wurde von Literaten gepflegt. Nach der griechischen Revolution von 1821 und der Staatsgründung von 1830 etablierte sich das heutige Neugriechisch. Die letzte große Änderung fand 1982 statt, wobei unter anderem das Akzentsystem vereinfacht wurde.
Altgriechisch Lektion 2: Das Alphabet
Altgriechisch von Alpha bis Theta
Im Griechischen gibt es mit Epsilon und Eta zwei Buchstaben mit dem Laut „e“. Dabei wird das Epsilon als kurzes „e“ und das Eta als langes „e“ oder „ä“ ausgesprochen. Das Theta entspricht dem „th“ am Anfang des Wortes „Theater“.
Altgriechisch von Iota bis Pi
Ein „J “ gibt es im Griechischen nicht. Für das „O“ haben die Griechen je nach Länge unterschiedliche Buchstaben. Das Omikron steht hierbei für ein kurzes „o“. ,
Altgriechisch von Rho bis Omega
Das im Griechischen häufig gebrauchte Ypsilon trägt den Laut „ü“. Phi wird wie „f“ ausgesprochen. Chi und Psi entsprechen den Lautkombination „ch“ und „ps“ . Das Omega ist der letzte Buchstabe im Alphabet und bildet das lange „o“.
Hintergrundwissen Lektion 2: Der Ursprung des Alphabets
Die Griechen entwickelten ihr Alphabet aus den phönizischen Zeichen für Aleph (Rind), Beth (Haus), Gamel (Kamel) usw. Der Name Alphabet entstand aus den beiden Anfangsbuchstaben Alpha und Beta. Nachdem sich das griechische Mutteralphabet in verschiedene regionale Formen aufgespaltet hatte, wurde 403 vor Christus das sogenannte ionische Alphabet entwickelt. Dieses ist bis heute im Neugriechischen gültig.
Altgriechisch Lektion 3: Orte und Namen
Übung: Orte und Namen aus der griechischen Geschichte und Mythologie.
Lösung
- OLYMPIA: Kultstätte und Schauplatz der Olympischen Spiele
- MINOS: Mythischer König von Kreta
- SOKRATES: Athenischer Philosoph
- PLATON: Athenischer Philosoph und Schüler des Sokrates
- DIONYSOS: Gott des Weines und des Theaters
- TROJA: Schauplatz des Trojanischen Krieges
Die griechischen Kleinbuchstaben
Griechische Akzente
Die drei Akzente Akut, Gravis und Zirkumflex dienten ursprünglich dazu, eine Satzmelodie zu kennzeichnen. Der Akut stand für eine Hebung des Tonfalls, der Gravis für eine Senkung und der Zirkumflex für eine Aufeinanderfolge von Hebung und Senkung. Heute wird dies aber nicht mehr praktiziert und die Akzente bleiben auf zwei Aufgaben beschränkt: Sie zeigen, an welcher Stelle ein Wort betont wird und sie geben grammatikalische Hinweise.
Griechische Hauchzeichen
Der Spiritus asper kennzeichnet einen Hauch m Wortanfang und wird im Deutschen wie ein „h“ gesprochen. Der Spiritus lenis ist für die Aussprache ohne Bedeutung.
Altgriechisch Lektion 4: Hippokrates und Platon
Bitte achten Sie zunächst auf die Hauchzeichen. Bei Hippokrates steht ein Spiritus asper vor, der wie ein „h“ ausgesprochen wird. Der Spiritus lenis bei iatros bleibt dagegen stumm.
Die Akzente zeigen, auf welcher Silbe ein Wort betont wird.
Das Wort therapeuo kann je nach Kontext auch mit „ich pflege“ oder „ich verehre“ übersetzt werden.
Übersetzungsaufgabe: Hippokrates und Platon
Aussprache:
- hippokrates iatros estin
- platon filosofos estin
- ho iatros therapeuei
- ho filosofos didaskei
Lösung: Hippokrates und Platon
Lösung
- Hippokrates ist (ein) Arzt:
- Platon ist (ein) Philosoph.
- Der Arzt behandelt.
- Der Philosoph lehrt.
Altgriechisch Lektion 5: Doppellaute
Durch Verschmelzungen von Vokalen entanden im Griechischen – wie in anderen Sprachen auch – einige Doppelllaute (Diphtonge). Das Griechische bildet sie in der Verbindung mit i und u.
Die meisten Diphtonge werden in beiden Sprachen gleich ausgesprochen, lediglich in zwei Fällen gibt es Unterschiede: Das griechische ei wird nicht wie das (Hühner-)Ei ausgesprochen, sondern wie ey aus dem englischen Ausruf hey. Das griechische ou entspricht einem deutschen u.
Altgriechisch neuer Wortschatz
Viele Begriffe aus dem modernen Wortschatz haben einen griechischen Ursprung:
- Demokratie (vgl. demos)
- Autonomie (vgl. nomos)
- Horizont (vgl. horizo)
- Prophylaxe (vgl. fülatto)
Altgriechische Verben: Die 1. und die 3. Person
Verben werden im Griechischen immer in der 1. Person Singular gelernt. Die 3. Person endet im Singular auf -ei, im Plural auf -ousin.
Altgriechisch Lektion 6: Die Demokratie
Altgriechische Substantive: Nominativ und Akkusativ
Substantive werden im Nominativ Singular und mit dem zugehörigen Artikel gelernt. Der Akkusativ (lat. accusare = anklagen) folgt wie im Deutschen auf die Frage wen?
Übersetzungaufgabe: Die Demokratie
Aussprache:
- Ho demos tus vomus horizei.
- Hoi nomoi ton demon fülattusin.
- Ho demos tus nomus fülattei.
Lösung: Die Demokratie
- Das Volk legt die Gesetze fest.
- Die Gesetze schützen das Volk:
- Das Volk bewahrt die Gesetze.
Hintergrundwissen Lektion 6: Die Demokratie
Die athenische Demokratie hatte ihre Blütezeit im 5. Jahrhundert vor Christus. Sie kannte zwar noch keine Gewaltenteilung, wohl aber Räte, die per Los oder Wahl besetzt wurden, eine öffentliche Gerichtsbarkeit mit Geschworenen und Volksversammlungen. Die Demokratie wurde immer wieder reformiert oder durch Tyrannei und Oligarchie unterbrochen. Im Jahre 337/6 v. Chr. beschlossen die Athener ein Dekret gegen die Tyrannei.
Vorschau auf den Altgriechisch-Aufbaukurs (Lektionen 7 – 12)
Grammatik: Altgriechische Satzzeichen
Die Tabelle zeigt einen Vergleich der griechischen und deutschen Satzzeichen.
- Der griechische Punkt entspricht je nach der Satzaussage im Deutschen einem Punkt oder einem Ausrufezeichen.
- Das Komma bleibt gleich. Auch Gedankenstriche und Anführungszeichen erfüllen in beiden Sprachen die gleiche Funktion .
- Der griechische Hochpunkt entspricht je nach Satzaussage dem deutschen Strichpunkt oder Doppelpunkt.
- Der griechische Strichpunkt steht wie das deutsche Fragezeichen am Ende eines Fragesatzes.
Thema von Lektion 7: Die Stoiker
Die Philosophie der Stoa lehrt, die Schwäche und Unfähigkeit des Menschen zu akzeptieren und die Ansprüche des (Miteinander-) Lebens auf das Notwendige, von der Natur vorgegebene zu beschränken. Heute recht wenig beachtet, hatte sie in der griechischen und römischen Antike sowie im frühen Christentum einen nicht zu unterschätzenden Einfluss.