Der Aufstieg der römischen Stoa

ine verstärkte Rezeption der
Stoa in römischer Zeit,
und dies insbesondere nach der Zeitenwende, wurde nicht zuletzt auch
durch
die politischen Umstände begünstigt. Denn die
zentrale Autorität des Herrschers, der zu Zeiten der Republik
doch nur ein gleicher unter Gleichen sein sollte, war gewachsen. Die
Elite Roms sah sich ihrer politischen Gestaltungsmöglichkeiten
beraubt und widmete sich geistigen Dingen zu. Die Philosophie wurde zum
Trost für den Machtverlust. Der freigelassene Sklave
Epiktet
war von solcher Innerlichkeit nicht angetan und warf der
epikureischen Schule vor, sich der Verantwortung für
das öffentliche Leben zu entziehen. Auch die
Kaiser waren auf fähige Senatoren angewiesen. Der
Rückzug ins Private
und die Konzentration auf das eigene Wohl stellte den Senat vor
ernsthafte Sorgen um die Gewinnung geeigneten Personals. Noch zu
Ciceros Zeit drängten sich die jungen Männer
um die Mitarbeit im Staat. Unter Augustus musste die Besetzung eines
Amtes schon beinahe erzwungen werden.
Die mittlere Stoa
Die mittlere Stoa repräsentiert den Übergang
von der griechischen zur
römischen Tradition. Bedeutend sind die Lehrer Panaitios und
Poseidonios.
Panaitios (gestorben 110 v. Chr.) leitet ab 129 die Athener Schule.
Zuvor hat er sich lange in Rom aufgehalten und dabei u.a. Scipio
Africanus Minor und den hohen Priester Mucius Scaevola kennen gelernt.
Cicero schätzt Panaitios' Schriften "Über die
Gemütsruhe" und "Über die Pflichten". Poseidonios von
Apemea (gestorben 51 v. Chr.) wirkt die meiste Zeit seines
Lebens auf der Insel Rhodos und zählt u.a. Pompeius und Cicero
zu seinen Schülern. Seine Erkenntnisse über
die
Physik
prägten das Werk des Geographen Strabon.
Die jüngere Stoa
Seneca,
Musonius, Epiktet und
Marc Aurel bilden das "stoische Quartett" der
jüngeren Stoa. Seneca verfasst ein Reihe von
Schriften, in
"Naturales Questiones" deckt er die Physik ab, die zusammen mit Logik
und Ethik die Grundpfeiler der der Stoa darstellen.
Mit Marc Aurel wacht von 161-180
erstmals ein stoisch gesinnter Kaiser über das
römische Imperium. Seine
Selbstbetrachtungen
zählen zu den letzten
großen und in sich geschlossenen Werke der stoischen
Philosophie. Gründe, sich der Stoa zuzuwenden, hat
Mark Aurel reichlich. In seine Amtszeit fällt eine
Pestepidemie, für die das Volk die Christen
verantwortlich machte. Der stoische Kaiser versuchte mit verschiedenen
Erlassen und Appellen, die schlimmsten Verfolgungen zu verhindern.
Einen Ratgeber findet er dazu in der stoischen Philosophie.
Erstaunlich für einen Kaiser ist Marc Aurels Bekenntnis zur
kosmopolitischen Weltsicht:
"Meine Natur aber ist eine vernünftige und für das
Gemeinwohl bestimmte; meine Stadt und mein Vaterland aber ist, sofern
ich Antonin heiße, Rom, sofern ich Mensch bin, die Welt."